Pfarrerin Angela Wolter

Prot. Pfarramt Bad Dürkheim II/Grethen
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67098 Bad Dürkheim

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Andacht von Pfarrerin Angela Wolter

 
Liebe Leserinnen und Leser,

meine Großtante Elisabeth ist mein leuchtendes Vorbild. Bereits in den 70er Jahren, als noch niemand die Stichworte: Migration, Integration, Flüchtlingskrise etc. benutzte, hat sie Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen waren, unterstützt, integriert, hat ihr Christsein gelebt, indem sie jedem, ohne Ansehen von Herkunft oder Person half, wo es nötig war: für „Schlüsselkinder“ ihrer Straße kochte sie ein Mittagessen. Kranke Nachbarn besuchte sie im Krankenhaus, wer ein Problem hatte, klingelte an ihrer Wohnungstür und fand bei ihr stets ein offenes Ohr, ein liebes, aufrichtendes Wort, ja, auch ein mitfühlendes Gebet. Ihren Mitmenschen ist Tante Elisabeth, von allen „Tante Li“ genannt, stets offen und vorurteilsfrei begegnet.

Wenn ich sie besuchte, erzählte sie mir viele Geschichten, vor allem aus der Bibel. Sie tat dies so bunt und lebhaft, dass wir Kinder ihr jedes Mal fasziniert lauschten. Wir spürten wohl sehr klar: Tante Li erzählt von etwas, das sie nicht nur „irgendwie gut“ findet. Wir merkten ihr an, dass sie auch ganz praktisch, mit dem Herzen, ein echter „Jesus-Fan“ war: sie lebte ihren Glauben. Sie tat vielen Menschen etwas Gutes. Faszinierend dabei: ihr unerschütterlicher Optimismus. Ihr riesengroßes Gottvertrauen!

Die persische Familie, die vor nun gut 50 Jahren mit ihren zwei kleinen Kindern direkt in der Nachbarwohnung meiner Tante in Friesenheim nach einer wechselhaften Odysee aus Flucht und Vertreibung aus der Heimat gelandet war, spricht heute noch mit leuchtenden Augen von Tante Li: „Wenn wir sie nicht gehabt hätten, wären wir heute nicht die, die wir sind!“ Tante Li machte mit den Kindern der Familie Hausaufgaben. Sie half der Mutter einen Arbeitsplatz zu finden. Sie brachte die Familie mit anderen Menschen zusammen, an ihren Küchentisch, bei Kaffee und riesengroßen, frischgebackenen Hefezöpfen. Die beiden „Kleinen“ von damals arbeiten übrigens inzwischen als Arzt und Lehrerin…

Meine Tante war „nur“ 1, 52 m groß. „Klein aber oho!“, wie man so schön sagt. Ich bin sehr dankbar für das große, leuchtende Vorbild, das sie mir und vielen in meiner Familie gegeben hat.  Und ich bin überzeugt: wo Menschen glauben und handeln wie sie, da wird das Leben und diese Welt heller.

In diesem Sinne:

Herzliche  Segensgrüße,

Angela Wolter, Pfarrerin